Mit je 6.5 kg pro Seitenkoffer und einem Tankrucksack geht es über den Grimselpass zum Nufenen nach Airolo, entlang der Tremola über den Gotthard nach Andermatt. Von dort aus über den Oberalppass und entlang dem Vorderrhein nach Chur. Meine Tochter bezieht dort ihre neuen Wohnung, und jemand muss ja beim hochschleppen helfen.
Alle reden von Schlechtwetter, ich fahre los. Bei bestem Wetter fahre ich bis Brienz. Die Berggipfel verschwinden in mehr oder weniger dunklen Wolken. Grimselpasshöhe bei 8°C und nebelnasser Fahrbahn. Die Sichtweite lässt streckenweise nicht mehr als 60 kmh zu. Es sind nicht die Verhältnisse, um Schräglagenmeister zu werden. Der Böniger Lastwagenfahrer mit seiner uralten African Twin hängt immer sauber an meinem Hinterrad. Einzig der Walliser mit seiner Multistrada überholt auf der Geraden fulminant, nur um in der nächsten Haarnadelkurve wieder ein wenig im Weg zu stehen. Hat wohl nicht den Roadattack 2EVO aufgezogen ;-).
Nach dem Nufenen, Richtung Airolo giesst es wie aus Kübeln. Regenkombi ist angesagt. Einmal mehr geniesse ich die Eigenschaften des neuen Conti auf nasser Strasse. Aber der ultimative Test folgt auf der Tremola: Vor und hinter mir kein Fahrzeug. Dank ABS leiste ich mir eine dosierte Vollbremsung, bei der die Bremshilfe nur kurz zum Einsatz kommt. TCS- Fahrtrainingskurs sei Dank. Die Verzögerung auf dem Klopfsteinpflaster ist erstaunlich. Wie viel die am nächsten Tag gemessenen 0.3 bar zu wenig Druck im Vorderrad beigetragen haben, (mehr Auflagefläche) kann ich nicht sagen.
Trotz Kälte, auch auf dem Oberalppass läuft alles paletti.
Am Samstag und Sonntag düse ich noch etwas durchs Engadin, Östereich, über die Silvretta Hochalpenstrasse , Klausenpass und Susten nach Hause. Ab Meiringen fahre ich wegen dem anhaltenden Regen nur noch über die Umfahrungsstrasse und die Autobahn. Da habe ich das Gefühl, das die Fuhre ab 120 kmh etwas unstabil wird. Ob Pneu, Beladung oder Fahrer dabei ausschlaggebend sind, kann ich nicht abschliessend beurteilen. Eventuell liegt es auch an der tollen Flasche Glentoucher Single Malt aus Samnaun, die in einer Seitenkoffer auf ihre Degustation wartet.
Mittlerweilen hat der Pneusatz ca. 2'500 km auf dem Buckel, zum teil mit Sozia im Lasteselmodus (s. Bild). Die Profiltiefe habe ich noch nicht gemessen, aber rein optisch ist da noch mehr als 50% vorhanden, trotz teilweisen Beschleunigungsorgien beim überholen.
Übrigens Lasteselmodus; Geradeauslauf, Spurrillen, Buckelpiste durch das Centovalli. Kein nennenswertes Problem. Bei der zügig gefahrenen Kurve, die immer enger wird, und mich zu dem Ausspruch „Soumoore“ verleitet, meint meine Sozia über das Komunikationssystem nur: Ich hoffe doch, du meinst nicht mich! Das war dann auch das einzige zu lösende Problem. Die Kurve schafften wir Vier, meine Sozia, die Gummis und ich doch noch fehlerfrei.
Die Route führt über Kehrsatz- Rüeggisberg- Schwarzenburg- Guggisberg- Rüschegg- Mamishaus- Rüeggisberg- Riggisberg- Burgistein- Wattenwil- Steffisburg- Schalenberg- Linden.
Zuerst muss ich mich noch etwas an das leichte Einlenkverhalten gewöhnen. Nach ca. 20 km lasse ich es zwischen Wislisau und Mamishaus etwas zügiger angehen. Schon nach dieser kurzen Einfahrzeit kratzt der Raster am Asphalt und der Pneu macht was er soll; er klebt. Diese Eigenschaft der kurzen Einfahrzeit bei dem neuen Conti Reifen kenne ich ja schon vom Sportatack 2 auf meiner 650- ziger. Kaum ein paar Kilometer und die Reifen sind voll schräglagentauglich.
Hinauf auf den Schalenberg und dann eine kurze Reifenkontrolle. Es hat noch ca. 3 mm Angststreifen, aber im Flankenbereich haben sich erste, ganz kleine Gummirollen gebildet und das Profil weist eine leichte Zahnung auf. Hoffentlich ist der Gummi da nicht doch etwas zu weich, da die Temperatur nicht über 22° liegt. Die Laufdauer wird das ja zeigen.
Mittlerweilen haben sich über dem Emmental dunkle Wolken zusammengezogen. Nichts wie weiter. Doch in Siechen ist es soweit. Es schüttet ganz schön. Beim Sportattack würde nun der Eiertanz definitiv beginnen. Verhalten fahre ich den Berg runter und gewinne langsam auch bei Nässe vertrauen. Zwischen Röthenbach und Jassbach will ich es nun wissen. Dort kenne ich jeden Schachtdeckel und jeden Bitumenstreifen mit Namen. Dies ist mein Lieblingsabschnitt auf dieser Tour. Bei trockener Witterung kann man diese Strecke locker mit bis zu 100 kmh (nicht weitersagen) fahren. Bei strömendem Regen wage ich mich bis auf 80kmh. Einzig in zwei Kurven habe ich beim herausbeschleunigen einen kleinen Abhänger, was aber wohl mit meiner etwas unsensiblen Gashand zu tun hat. Nach leichtem Zug am Hinterrad wegnehmen ist die Traktion sofort wieder da. Bei nur noch Regennasser Strasse geht’s von Linden nach Oberdiessbach. Auch hier bestätigt das gute Nassverhalten der neuen Gummis.
Fazit: Sauberes verhalten in der Kurve, ob beim hineinbremsen, durchziehen oder beschleunigen. Das Aufstellverhalten bei einer Notbremse in einer Kurve (Mähdrescher) war absolut im Rahmen und kontrollierbar. Nassverhalten siehe oben.
Die neu bereifte ST habe ich bei Regenwetter beim Mech abgeholt. Eigentlich der blanke Horror für Motorradfahrer! Neue Schlappen und regennasse Fahrbahn. Ich lasse es sehr Vorsichtig angehen. Nach 100m der erste Kreisverkehr mit verschiedensten Fahrbahnmarkierungen und die erste Überraschung. Kaum angedacht legt sich das Motorrad schon in die Kurve, als hätte jemand ein bisschen nachgeholfen. Mit der vorherigen Bereifung brauchte es bedeutend energischeren Druck auf den Lenker, um die Fuhre in die Kurve zu legen.
Nach zwei nassen Kilometer stelle ich das Motorrad mit ersten guten Eindrücken zu Hause ab. Trotz Neu und Nass eine sichere Heimfahrt ohne Rutscher.